Die japanische Teezeremonie - Ein nachhaltiges Erlebnis

Los geht's. Die japanische Teezeremonie (jap. 茶道, chadou oder sadou, dt. Teeweg; auch 茶の湯, cha-no-yu, dt. heißes Wasser für Tee), auch bekannt als Teeritual, steht in ihrer zugrundeliegenden Philosophie dem Zen nahe. Es ist eine in ihrem Ablauf bestimmten Regeln folgende Zusammenkunft, bei der ein oder mehrere Gäste von einem Gastgeber Tee und leichte Speisen, oft Süßigkeiten gereicht bekommen. Um dem Gast die Möglichkeit zur inneren Einkehr zu bieten, findet die Zusammenkunft in einem bewusst schlicht eingerichteten Teehaus statt. Das nur eine grobe Vorabzusammenfassung. Wagemutig, neugierig und interessiert habe ich mich der Prozedur unterzogen.... und es sehr genossen.

Von vorne. Teezeremonien lassen sich in ganz Japan buchen. In traditionellen Teehäusern, Ryokans, westlichen Hotels oder eigens eingerichteten "Showrooms". Preise variieren, eine Buchung ist meist notwendig, Vorkenntnisse hingegen nicht, Anleitung auf Englisch empfehlenswert.

Gesprochen wird im Übrigen während der ganzen Zeit wenig bis nicht. Dass uns Anweisungen gegeben wurden, oblag lediglich unserer Unkenntnis. Was ist wichtig? Nichts ist unwichtig, zufällig oder banal. Von der Auswahl, der im ersten Eindruck äußerst spartanisch erscheinenden Einrichtung, über das Blumenarrangement, dem Dresscode, der Sitzhaltung, der Wahl des Teekessels, der Trinkschalen, der Süßigkeiten bis zum kleinsten Detail des perfektionierten Ablaufs aller Aktionen unterliegt eine jede, wirklich jede Handlung, einem strikten Plan. Alles abhängig von der jeweiligen Schule, Jahreszeit und geschätzten 1000 weiteren Faktoren.

Im Folgenden skizziere ich den Ablauf einer formalen Teezeremonie grob und bin dankbar über das Internet, das mir sehr geholfen hat alles in der richtigen Reihenfolge und mit japanischen Termini wiederzugeben. Der Ablauf ist vereinfacht und spart außerdem die Vor- und Nachbereitungsphasen aus, sowie vieles weiteres. Für eine Teezeremonie gibt es zwar feststehende Regeln, doch kann der Ablauf je nach den verschiedenen Schulen variieren. Eine gewisse Grundform ist jedoch allen gemein.

In den Teeraum (茶室, Chashitsu) gelangt man häufig durch den knapp einen Meter hohen Eingang (躙り口, Nijiriguchi, Kriecheingang). Auch wenn kein Kriecheingang vorhanden ist, lassen sich die Gäste zum Betreten des Raumes auf die Knie nieder. Dadurch betreten sie den Raum voller Demut und Respekt. Alle gesellschaftlichen Unterschiede werden an der Schwelle abgelegt.

Sobald alle eingetreten sind, schließt der letzte Gast die Tür mit einem leichten Geräusch, dies ist das Zeichen für den Teemeister bzw. den Gastgeber, mit seinen Vorbereitungen zu beginnen. Er trägt nun die noch fehlenden Teeutensilien in den Teeraum. Sie werden so angeordnet, dass sie zugleich pragmatische als auch harmonische Bewegungsabläufe während der Teezubereitung ermöglichen. Wie gesagt, nichts geschieht ohne Plan.

Die wichtigsten Utensilien (道具, Dougu) bei der Teezeremonie sind: die Teeschale (茶碗, Chawan), die Teedose bzw. der Behälter für Pulvertee – Cha-ire (茶入れ) für den starken Tee (濃茶, Koi-cha) oder Natsume () für den leichten Tee (薄茶, Usu-cha) –, das Frischwassergefäß (水差し, Mizusashi), der eiserne Wasserkessel (, Kama), der Teebambuslöffel (茶杓, Chashaku) und der Teebesen (茶筅, Chasen). Das seidene Teetuch (袱紗, Fukusa) trägt der Gastgeber an seinem Obi.

Der Gastgeber setzt sich im Kniesitz vor dem beweglichen Kohlebecken (風炉, Fouro) nieder, entnimmt dem Gebrauchtwassergefäß (建水, Kensui) den Schöpflöffel (柄杓, Hishaku) sowie den Untersetzer (蓋置, Futaoki) und platziert beide links vor dem Fouro. Er sammelt und konzentriert sich, verbeugt sich vor seinen Gästen und beginnt nun mit der Teezeremonie.

Als erstes rückt er das Gebrauchtwassergefäß (Kensui) bis zur Höhe seiner Knie vor. Dann nimmt er die Teeschalen und setzt sie ca. 20 cm vor seine Knie. Nun nimmt er das Gefäß mit dem Pulvertee, die Natsume und setzt sie zwischen Teeschale und Knie. Jetzt holt er das seidene Teetuch aus seinem Obi und faltet es, reinigt die Natsume und setzt sie links vor das Frischwassergefäß. Nun faltet er noch einmal das Fukusa, nimmt den Teebambuslöffel aus der Teeschale, reinigt ihn und legt ihn auf der Natsume ab. Dann nimmt er den Teebesen aus der Teeschale und stellt ihn rechts neben die Natsume.

Als Nächstes rückt er die Teeschale vor, dann nimmt er mit der rechten Hand den Schöpflöffel (Hishaku), greift ihn mit der linken Hand, um nun mit der rechten Hand den Deckel des Kessels abzuheben, abtropfen zu lassen und auf den Untersetzer (Futaoki) abzusetzen. Dann nimmt er das weiße Leinentuch (茶きん, Chakin) aus der Teeschale und setzt es auf den Deckel des Kessels. Nun entnimmt er mit dem Schöpflöffel heißes Wasser aus dem Kessel und gießt es in die Teeschale, als Nächstes wird der Teebesen in dem heißen Wasser geschmeidig gemacht und geprüft. Das heiße Wasser, das nun die Teeschale vorgewärmt hat, wird in das Kensui – das Brauchwassergefäß – entleert. Nun wird die Teeschale mit dem weißen Leinentuch gereinigt und trocken gewischt. Mit einem "Douzou okashi o" wird der Gast aufgefordert Süßigkeiten zu nehmen.

Der Gastgeber nimmt nun die Natsume mit dem Pulvertee für den dünnen Tee und den Teebambuslöffel, öffnet den Teebehälter und legt den Deckel vor seinem rechten Knie ab, entnimmt mit Hilfe des Teebambuslöffels pulverisierten Tee (Matcha), gibt ihn in die Teeschale und gießt heißes Wasser, welches in dem Kama über Holzkohle erhitzt wurde, hinzu. Nach dem Aufguss schlägt er mit einem Bambusbesen, dem Chasen, den relativ dickflüssigen Tee schaumig (nur in der Urasenke-Schule wird ein dicker Schaum geschlagen, Omotosenke vermeidet allzu viel Schaum).

Der Gastgeber reicht dem Hauptgast die Teeschale, die dieser mit einer Verbeugung annimmt. Mit einer Geste bietet der Hauptgast seinem Sitznachbarn die Schale an, aber der lehnt ab und bittet den Hauptgast zuerst zu trinken. Der dreht zweimal (ja, das ist sehr wichtig!) die Schale in seiner Hand, und trinkt den Tee in etwa drei Schlucken. Die Schale geht zurück zum Gastgeber, der die Schale reinigt und den nächsten Tee bereitet. Reihum wird nun so der Tee den Anwesenden gereicht. Parallelen zum christlichen Abendmahl sind rein zufälliger Natur. Während dieses Rituals herrscht meistens Schweigen, das anschließend gebrochen wird, um sich über die verwendete Teesorte und deren typischerweise poetischen Namen zu erkundigen, sowie die Dougu zu bestaunen. In manchen Zeremonien wird nur Usucha gereicht, so wie es hier beschrieben ist. Koicha, der dicke Tee, wird in einer anderen Zeremonie zubereitet. Er ist so dick, dass er nicht getrunken wird, sondern "gegessen" werden muss. Hier bereitet der Gastgeber nur eine einzige Schale für alle Gäste zu. Jeder trinkt drei kleine Schlücke und gibt dann die Teeschale weiter. Falls Koicha (dicker Tee) gereicht wurde, wird in der Regel im Anschluss auch Usucha (dünner Tee) bereitet. Nach der kleinen Konversation, bei der gewöhnlich keine Themen von außerhalb des Teezimmers angesprochen werden, klingt die Teezeremonie aus.

Puuh, hört sich nach Stress an. Ist es aber nicht. Dass sich der Teezeremonienmeister einer jahrelangen Ausbildung unterziehen muss (ähnlich dem Sushichef), erschließt sich anhand der Komplexität der Zeremonie. Lebenslanges Lernen um Tee zuzubereiten. Für uns ein sehr nachhaltiges Erlebnis und defenitiv empfehlenswert für jeden, der sich für japanische Traditionen interessiert.

 

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